Familienorganisationen warnen vor versteckten Steuererhöhungen für Familienbildungsangebote

Anlässlich der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur steuerlichen Förderung der Elektromobilität warnt die AGF vor der versteckten Erhöhung der Umsatzsteuer für Bildungsangebote. Gemeinnützige Familienbildung würde damit massive negative Folgen erfahren, die den Zielen von Bildungsangeboten diametral entgegen stünden.

“Der Wegfall der Steuerbegünstigung von gemeinnützigen Bildungsangeboten zeugt von einer mangelnden Wertschätzung der gemeinwohlorientierten Erwachsenenbildung, der Familienbildung und letztlich des gesellschaftlichen Beitrags der Familien selbst“, kritisiert Sven Iversen, Geschäftsführer der AGF. Die Familienorganisationen der AGF fordern Bundestag und Bundesregierung daher dringend auf, für eine weiterhin umfassende Befreiung der gemeinnützigen und kirchlichen Angebote der Familienbildung zu sorgen und den vorgelegten Gesetzentwurf entsprechend zu ändern.


Am 27. September findet die erste Lesung des von der Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur „weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ im Bundestag statt. In diesem versteckt sich eine Reform des Umsatzsteuerrechts mit weitreichenden Folgen für die Familienbildung: Künftig sollen Bildungsangebote für Erwachsene, die nicht der beruflichen Bildung dienen, umsatzsteuerpflichtig werden. Die Bundesregierung argumentiert, dass damit nur eine Vorgabe der EU-Richtlinie umgesetzt würde.


Die Familienorganisationen heben jedoch hervor, dass die Mehrwertsteuer-Richtlinie große Spielräume für die steuerliche Gestaltung gemeinwohlorientierter Bildungsangebote lässt, die die Regierung nicht ausschöpft. Sie konterkariere damit alle ihre Aussagen zur Bedeutung und Unterstützung von ehrenamtlichen Engagement und Präventionsansätzen.
Familienbildung richtet sich lebenslaufbegleitend an alle Familien und ist somit ein Angebot des lebenslangen Lernens. Sie geht von einem ganzheitlichen Bildungsverständnis aus und zielt darauf ab, Familien in Fragen der Lebensführung und Alltagsbewältigung zu unterstützen. Sie stärkt insbesondere die erzieherischen Kompetenzen von Eltern und bietet Hilfen bei Beziehungs- und Vereinbarkeitsfragen. Ferner hält die Familienbildung bildungsorientierte Angebote für Familien in Krisensituationen und besonders belasteten Lebenslagen bereit. Durch ihren niedrigschwelligen, präventiven und ressourcenorientierten Ansatz erreicht sie Familien in sozial sehr unterschiedlichen Lebenslagen. Sie leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Entlastung von Familien und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt.

„Die geplante Neureglung führt zu höheren Teilnahmegebühren für die Familien. Dies belastet arme Familien überdurchschnittlich stark bzw. schließt sie von solchen Angeboten aus“, verdeutlicht Ulrich Hoffmann, zweiter Vorsitzender der AGF und selbst langjährig in der Familienarbeit tätig. „Zudem müssten Familienbildungsstätten ihr Angebot zwischen weiterhin befreiten und umsatzsteuerpflichtigen Angeboten differenzieren, weil spezifische Angebote für Hilfebedürftige, z.B. verschuldete Menschen und Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen sowie Angebote, die sich ausschließlich an Kinder und Jugendliche richten, voraussichtlich weiter umsatzsteuerbefreit blieben. Diese Differenzierung ihres Programms wäre für die gemeinnützigen und kirchlichen Anbieter von Familienbildung mit einem sehr hohen bürokratischen Aufwand und mit einer hohen Rechtsunsicherheit verbunden, weil jedes Angebot einzeln geprüft werden müsste, ob es nach neuem Recht umsatzsteuerpflichtig ist oder weiterhin befreit ist. Dies ist für kleine Bildungseinrichtungen kaum zu leisten.“ Die Verbände betonen, dass dieses Vorgehen auch dem konzeptionellen Ansatz entgegensteht, Bildungsangebote inklusiv zu gestalten und dabei nicht zwischen vermeintlichen Problemfamilien und vermeintlich unbelasteten Familien zu unterscheiden.

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