Am 17. November 2016 lud die AGF zu einer Diskussion mit Prof. Dr. Anne Lenze und Prof. Dr. Joachim Wieland über Wege zu einem gerechten Kinderexistenzminimum ein. Unter dem Titel “Kleine Veränderungen oder Systemwechsel – wie erreichen wir ein gerechtes Kinderexistenzminimum?” stellten beide Expert/innen ihre Kritik und mögliche Lösungsansätze vor und diskutierten ihre Ideen sowohl untereinander als auch mit den Teilnehmer/innen.
Das Eingangsstatement kam von der Sozialrechtlerin Prof. Dr. Anne Lenze von der Hochschule Darmstadt. Sie wies darin auf die Probleme bereits an der Quelle des Systems hin, d.h. auf die derzeitige manipulative Berechnung des Existenzminimums im Sozialrecht. Viele Leistungen, die das Existenzminimum von Kindern decken sollen, würden zudem u.a. durch komplizierte Antragsverfahren nicht in Anspruch genommen. Zudem warf sie die Frage auf, ob angesichts der aktuellen Grundhaltung in Deutschland das Sozialrecht der geeignete Ort für Veränderungen im Sinne der Kinder sei. Ihr Reformvorschlag zielte daher eher darauf ab, die Verbeitragung des Existenzminimums in der Sozialversicherung abzustellen und Familien auf diese Weise spürbar zu entlasten.
Prof. Dr. Joachim Wieland, Verfassungs- und Steuerrechtler, kritisierte das derzeitige System aufgrund der unterschiedlichen Ergebnisse für Gut- und Geringverdiener. Er plädierte stattdessen für das Ziel, jedes Kind gleich zu entlasten und arme Kinder darüber hinaus besonders zu fördern. Ein möglicher Reformansatz sei etwa ein für alle einheitliches, höheres Kindergeld, was auch aus rechtlicher Sicht durchaus denkbar wäre.
Die anschließende Diskussion unter den Expert/innen sowie mit den Teilnehmer/innen war teilweise sehr detailliert, warf aber immer wieder auch Fragen zu den grundsätzlichen Voraussetzungen und Ansatzpunkten für Reformen auf. Im Zentrum stand dabei das Ziel eines einheitlichen Kinderexistenzminimums, das vor allem Familien mit geringem Einkommen stärker entlastet und Armut verhindert.
Ausführliche Dokumentation:
Dokumentation: Wie erreichen wir ein gerechtes Existenzminimum für Kinder?